Veranstaltung zu Wasserstoff im maritimen Bereich: Anwendungen an der Ostseeküste

Stralsund

Vernetzung der Regionen Rostock und Vorpommern

Die Chancen für den Wirtschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommern (M-V) für Wasserstoff-Anwendungen im maritimen Bereich und die Vernetzung der Ostseeregionen Rostock und Vorpommern standen im Zentrum der Veranstaltung am 30. August 2021 in der Hansestadt Stralsund. Zahlreiche Vertreter*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik folgten der Einladung der Wasserstoff-Transferstelle des Energieministeriums M-V, das die Veranstaltung mit Unterstützung des Windenergieclusters M-V im Rathaus von Stralsund durchführte

Nach einer einführenden Moderation durch Dr. Hans-Gerd Bannasch hielten der Oberbürgermeister von Stralsund, Alexander Badrow, sowie Minister Christian Pegel Grußworte.

Prof. Dr. Johannes Gulden, Leiter des Direktoriums des Instituts für Regenerative EnergieSysteme der Hochschule Stralsund, und Jens Wartmann, Leiter der Strategieentwicklung und Technologie im CAMPFIRE-Bündnis, haben in ihren anschließenden Vorträgen Einblicke in maritime Anwendungsfälle für Wasserstoff sowie in emissionsfreie Schiffsantriebe für grünen Ammoniak als kohlenstofffreien Kraftstoff gegeben.

Den durch einen intensiven Austausch geprägten Hauptteil der Veranstaltung stellten schließlich zwei thematisch getrennte Workshops dar.

Workshop 1:

Der erste Workshop fand unter dem Titel „Wasserstoffbasierte Antriebe in der Schifffahrt“ statt und wurde von Jan Tschirner vom Fraunhofer IGP geleitet.

Einigkeit unter den Teilnehmer*innen bestand darin, dass der Glauben an eine langfristige Nutzung des Dieselmotors schwindet und damit wasserstoffbasierte Antriebe in Zukunft zunehmend an Bedeutung gewinnen. Dabei entsteht jedoch bei den wasserstoffbasierten Kraftstoffen in der Schifffahrt eine gewisse Konkurrenz zwischen Methanol und Ammoniak, die intensiv diskutiert wurde.

Beide Kraftstoffe würden sich bei neuen und Retrofit-Schiffen einsetzen lassen. Dieselmotoren könnten mit Anpassungen bei der Zündung auch für andere Kraftstoffe weiterverwendet werden.

Was Ammoniak als Kraftstoff betrifft, würde grüner Ammoniak z.B. auch für die Düngemittel-produktion hergestellt und die dafür notwendige Infrastruktur aktuell ausgeweitet werden. Die Anwendung von Ammoniak erfordere aber aufgrund seiner Toxizität die Weiterentwicklung von Richtlinien und die Erprobung von Tanksystemen unter praxisnahmen Bedingungen.

Methanol als Kraftstoff hingegen benötige Kohlenstoffmoleküle, was zu Schwierigkeiten in der Umsetzung führen könnte. Der Kraftstoff sei aber sicherer und weniger toxisch als Ammoniak. Methanol sei als Kraftstoff momentan noch einfacher umzusetzen als Ammoniak, da schon in Ansätzen ein bestehender regulatorischer Rahmen vorhanden sei.

Die Option flüssigen Wasserstoffs wiederum sei aktuell noch schwierig umzusetzen wegen der erforderlichen starken Kühlung.

Neben dem Einsatz von Kraftstoffen wurde insbesondere die Frage Retrofit oder Neubau von Schiffen mit wasserstoffbasierten Kraftstoffen kontrovers diskutiert, wobei die Teilnehmer*innen hier zu keinem klaren Ergebnis kamen.

Was die weitere Entwicklung betrifft, wurde darauf hingewiesen, dass nun Erfahrungen notwendig seien und Projekte testweise umgesetzt werden müssten, um das Vertrauen in die neuen Technologien zu stärken und um eine vorteilhafte Regulierung zu erreichen. Wichtig sei, dass das Wissen an die entsprechenden Stellen transportiert und innerhalb der Branche geteilt werde und auch Klassifikationsgesellschaften ausführliche Kenntnis über positive Entwicklungen erlangten. So müssten auch in der Zukunft Zertifizierer rechtzeitig in die Vorhaben eingebunden werden.

Abschließend wurde betont, dass auch der zukünftige Austausch zwischen den anwesenden Akteuren elementar sei, um gemeinsam Lösungen zu finden und nächste Schritte bis hin zur kommerziellen Anwendung zu identifizieren.

Workshop 2:

Der zweite Workshop fand unter dem Titel „Wasserstoffanwendungen im Hafen (Landseitig)“ statt und wurde von Claudia Martens von Mukran Port geleitet. Claudia Martens stellte in einer Einführung den Hafen am Beispiel eines Schaubilds der NOW GmbH als integriertes Energiesystem dar, wobei im Mittelpunkt die Frage stand, wie Wasserstoff in den Hafen gelangt (z.B. Herstellung mit Elektrolyseur im Hafenbereich mit Strom aus Erneuerbaren Energien), wie er dort genutzt wird (z.B. Gabelstapler) und wie H2 von dort wieder ausgeführt werden kann (z.B. Tankinfrastruktur für Schifffahrt oder ÖPNV).

Dabei ist die Schaffung einer H2-Hafeninfrastruktur mit bedeutenden Investitionen verbunden, die nur amortisiert werden können, wenn neu entstehende Wasserstoff-bezogene maritime und sonstige Anwendungen auch Abnehmer in ausreichender Zahl finden.

Von einzelnen Teilnehmer*innen des Workshops wurde die Forderung formuliert, dass Häfen hier gewisse unternehmerische Risiken eingehen müssten. Von Vertreter*innen der Häfen / Umschlagsbetriebe Rostock, Stralsund und Mukran wurde jedoch im Laufe der Diskussion die Bedeutung wirtschaftlich tragfähiger Geschäftsmodelle betont.

Ein wesentlicher Aspekt des Workshops war anschließend, wie sich eine nachhaltige und auch wirtschaftlich tragfähige Wasserstoffstrategie in einer Phase umsetzen lässt, in der noch nicht offensichtlich ist, ob und welche H2-Anwendungen sich durchsetzen werden. In einer lebhaften Diskussion wurden dabei sowohl schiffsbezogene Anwendungsbereiche als auch solche der hafeninternen Infrastruktur (z.B. bei Gabelstaplern) besprochen. Auch wurde die Beschaffung von grünem Strom zur Herstellung des Wasserstoffs als Thema behandelt.

Nach einer angeregten Diskussion waren sich die Teilnehmer darüber einig, dass in absehbarer Zeit die Dominanz von Diesel im Schiffsverkehr enden und über einen Anstieg der CO2-Preise vor allem emissionsfreie Technologien – wozu insbesondere auch Wasserstoff gehöre - zunehmend eine größere Bedeutung gewinnen würden. Das Ziel einer emissionsfreien Industrie und Wirtschaft beziehe auch maritime Anwendungen ein – auch wenn es aufgrund der gegenwärtigen Unsicherheit bezüglich der konkreten weiteren Entwicklung für die maritime Wirtschaft eine Herausforderung darstelle, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, dass sich die maßgeblichen Akteure in diesem Bereich in M-V zunehmend vernetzen, um als Branche die richtigen Weichen zu stellen.

 

Die Vorträge der Veranstaltung stehen hier zum Download bereit:

Veranstaltung Maritim Stralsund